Meine Empfehlungen für den Tierarzt Ihres Vertrauens zur Entwurmung Ihres Pflegeigels
(Oder Sie entwurmen den Igel nach folgender Anleitung selber: Außer Praziquantel und Cotrim K bekommen Sie alle erforderlichen Medikamente frei verkäuflich in der Menschenapotheke und/oder im Internet.)
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Kaufen Sie Frontline-Spray in einer 100-ml-Pumpspray-Flasche in der Menschenapotheke (auf keinen Fall das Spot-on-Präparat!!!) zur Entflohung und bei Zeckenbefall mit Zecken bis zu einer Größe von Sesamkörnern. Sie sprühen
einem Igel unter 250 g: 1 Pumpspray-Stoß auf den Rücken,
einem Igel von 250 g bis 500 g: 2 Pumpspray-Stöße auf den Rücken,
einem Igel über 500 g: 2 bis 3 Pumpspray-Stöße auf den Rücken und einen unter den Bauch.
Der Igel darf es nicht einatmen und nicht in die Augen bekommen, deshalb decken Sie während des Sprühens den Kopf mit einem kleinen Handtuch ab. Die Flöhe werden danach zwar ins Gesicht des Igels flüchten oder springen vom Igel ab, haben das Mittel aber schon abbekommen und überleben das nicht. Lassen Sie den Igel nicht sofort wieder ins Schlafhaus gehen, sondern lassen Sie ihn eine Viertelstunde ohne Verkriechmöglichkeit in der Box herumlaufen, damit die Alkoholdämpfe verfliegen. Im Bedarfsfall wiederholen Sie die Prozedur drei Tage später.
Größere Zecken müssen Sie einzeln mit Pinzette oder Zeckenzange entfernen.
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Innenparasiten:
Im folgenden nenne ich die vier Hauptentwurmungskomponenten, die für Igel ab 250 g Körpergewicht (Levamisol ab 300 g Körpergewicht und nur bei stabilen Igeln) in Betracht kommen. Bei der sogenannten „Prophylaktischen Entwurmung“ gibt man ohne detaillierte Untersuchung des Igels alle vier Medikamente und ist danach sicher, dass er nun frei von Innenparasiten ist. Dies dauert etwa zwei Wochen und erfordert vier verschiedene Medikamente, von denen zwei stets aufs Futter getan werden, die anderen beiden können eventuell auch vom Tierarzt gespritzt werden.
Praziquantel, Levamisol und/oder Flubenol dürfen auf keinen Fall an ein und demselben Tag verabreicht werden!! Die Menge der Toxine, die von absterbenden Innenparasiten ausgestoßen werden, kann bei gleichzeitiger Anwendung mehrerer Entwurmungsmedikamente derartig hoch ansteigen, dass binnen Minuten ein Leber- oder sogar Multiorganversagen einsetzt und zum Tod des Igels führt. Die Gabe der Entwurmungsmedikamente muss der Verfassung des Igels angepasst sein.
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1. Praziquantel (Handelsnamen: Droncit, Prazinex, Band-ex, VetBancid u.a.) Inj.-Lösung: 56,8 mg/ml, Tabletten: 50 mg
Einmalige Injektion durch den Tierarzt : 0,22 ml für Igel mit 250 g bis 500 g Körpergewicht (KG), 0,44 ml für Igel mit 500 g bis 900 g KG und 0,05 ml/100 g KG für Igel über 900 g Körpergewicht; oder
einmalig von einer 50-mg-Praziquanteltablette (nur über den Tierarzt erhältlich) eine Vierteltablette für Igel unter 500 g und eine halbe Tablette für Igel über 500 g, zermörsert übers Futter oder, bei schlecht fressenden Igeln, direkt mit Futterbrei in einer Spritze in die Schnauze, s.u. .
Gegen Bandwürmer, Darmsaugwürmer u. a.
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2. Cotrimoxazol (Handelsname: Cotrim K, Suspension für Kinder) 48 mg/ml
Gegen Kokzidien und juvenile bakterielle Darmentzündungen. Wenn sich das Fressverhalten und die Konsistenz des Kots nach 3 Tagen nicht bessern, muss zusätzlich vom Tierarzt ein anderes Antibiotikum in Erwägung gezogen werden.
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3. Flubendazol (Handelsname: Flubenol)
a) Pulver (5-prozentig) : 0,16 g /100 g KG (das entspricht ca. 1 Msp. pro 100 g Körpergewicht, besser wäre der Einsatz einer Feinwaage) jeweils an 5 aufeinanderfolgenden Abenden übers Futter, oder
b) Paste (44 mg/ml Flubendazol),
Bezug über: https://www.medpets.de/flubenol+paste/?sqr=Flubenol
Dosierung aus dem Injektor nach untenstehender Tabelle, die in der Tabelle angegebene Menge jeweils an 5 aufeinanderfolgenden Abenden übers Futter oder direkt oral (= mit einer Spritze in die Schnauze, s.u.) eingeben.
Flubenol-Dosierung mit dem Pasten-Injektor: 1 Teilstrich auf Injektorkolben = 0,5 ml
Igelgewicht in g | Anzahl Teistriche | ml |
250 | 1 | 0,5 |
500 | 2 | 1,0 |
600 | 3 | 1,5 |
700 | 4 | 2,0 |
800 | 4 | 2,0 |
900 und alles darüber | 5 | 2,5 |
Gegen Lungenhaarwürmer und Darmhaarwürmer u.a.
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4. Levamisol (in Form von Levamisol-Hydrochlorid)
a) Levamisol 1-prozentige orale Lösung (Handelsname: „Beaphar Wurmmittel für Vögel“),
Bezug über https://www.medpets.de/beaphar+ascapinal/?sqr=Levamisol
Flüssigkeit zur oralen Gabe. 0,2 ml / 100 g Körpergewicht zweimal im Abstand von 48 Std. oral verabreichen. (0,2 ml = 2 mg Levamisol)
Gegen Lungenwürmer und Darmhaarwürmer
b) Levamisol 10-prozentig als Pulver (Handelsnamen: Concurat-L 10%, Nilverm Nova 118mg/g) derzeit eventuell nicht lieferbar!
1,0 g Pulver in 3,0 ml Wasser auflösen. Von der entstandenen Lösung 0,08 ml / 100 g KG zweimal im Abstand von 48 Std. oral (= mit einer Spritze in die Schnauze, s. u.) verabreichen. (0,08 ml = 2 mg Levamisol)
Man sollte die Lösung nach genauer Abmessung mit Wasser noch weiter verdünnen und ein paar Tropfen Honig oder etwas Fleischsaft hinzufügen, da es den Igeln wirklich scheußlich schmeckt und sie sich schütteln!
Gegen Lungenwürmer und Darmhaarwürmer
c) Levamisol-Injektionslösung 10-prozentig: derzeit nicht lieferbar!
Durch den Tierarzt zwei Injektionen à 0,02 ml/100 g KG im Abstand von 48 Std., (0,02 ml = 2 mg Levamisol), jeweils verdünnen mit 0,2 ml Bisolvon pro Igel und anschließend 1-ml-Spritze bis 0,8 ml auffüllen mit NaCl, mit Aspiration spritzen, da das Mittel auf keinen Fall in die Blutbahn gelangen darf! Nur bei stabilen Tieren über 250 g.
Gegen Lungenwürmer und Darmhaarwürmer
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Praziquantel, Levamisol und/oder Flubenol dürfen auf keinen Fall an ein und demselben Tag verabreicht werden!!
Schwache, untergewichtige oder sehr kleine Igel dürfen nicht vor einer Stabilisierung ihrer Konstitution mit Levamisol und Flubenol behandelt werden.
Im Normalfall beginnt man die Entwurmung mit Cotrim K und Praziquantel und gibt Levamisol und Flubenol erst danach.
In schwierigen Fällen empfiehlt es sich, die Entwurmungsmedikamente in reduzierter Dosis in Kombination mit geeigneten Antibiotika zu geben und die Gabe der Entwurmungsmedikamente nach 2 bis 3 Wochen in voller Dosis zu wiederholen.
Oder aber:
Wenn man die prophylaktische Entwurmung aus grundsätzlichen Überlegungen heraus ablehnt, bittet man den igelerfahrenen Tierarzt, eine mikroskopische Kotuntersuchung durchzuführen, so dass nur die Parasiten behandelt werden, die in dieser Kotprobe tatsächlich bei dem betreffenden Igel gefunden werden.
Man muss dazu aber wissen, dass die gängigen Innenparasiten sich nicht ausschließlich im Darm aufhalten und auch oft in über mehrere Tage gesammelten Kotproben nicht nachweisbar sind. Nach etlichen Wochen in der Pflegestation fangen Igel z. B. plötzlich an zu husten und haben dann trotz anfänglicher negativer Kotuntersuchungen von Sammel-Kotproben doch (nachweisbar!) Lungenwürmer… Dies habe ich inzwischen SEHR oft erlebt.
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Antibiosen:
nur bei Indikation (Inappetenz, Durchfall, Gewichtsstagnation oder –abnahme, grüner Kot, schwere Atemwegsinfektionen, Verletzungen.)
Man injiziert zuerst: Duphamox LA: 0,1 ml pro 100 g KG, 4mal im Abstand von je 48 Std.. Nur wenn dies bis ca. 12 Std. nach der 2. Inj. keinen Erfolg bringt, verwirft man die 3. und 4. Inj. und fährt fort mit:
Baytril 2,5%ig: 0,05 ml pro 100 g KG, 5mal im Abstand von je 24 Std.. (Achtung: schwere Nebenwirkungen für Jungtiere. Nur nach erwiesener Wirkungslosigkeit von Duphamox LA verwenden!)
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Bitte weisen Sie den konsultierten Tierarzt darauf hin, dass diese Behandlungsvorschläge den Angaben in der Schrift „Igel in der Tierarztpraxis“ des deutschen Dachverbandes Pro Igel e.V. entsprechen, die von der Tierärztl. Hochschule Hannover mitentwickelt wurde und deren Lektüre als Ergänzung zum Studium jedem Tierarzt dringend zu empfehlen ist. Denn der Igel wird leider im Tiermedizin-Studium nicht detailliert behandelt.
(17,00 €, Bestell-Formular: http://www.pro-igel.de/produkt/igel-in-der-tierarztpraxis-igelwissen-kompakt-1/ oder als Download: http://www.pro-igel.de/downloads/spezialthemen-iwk/IWk1_Tierarzt.pdf )
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Grundsätzlich kein Ivomec, kein Advocate oder sonstiges Spot-on-Präparat an Igel verabreichen: diese Mittel passieren beim Igel die Bluthirnschranke und führen in aller Regel zum Tod des Igels oder zu schwersten neurologischen Ausfällen.
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© Gertraude Göpner